FRAU LEHMANN’S
GESCHICHTLICHES
Erstmals wird im Mittelalter neben dem Mastiff der sogenannte „Alaunt veantre“ (Vantrer = franz.:
Schweine mit Hunden jagen) erwähnt. Es handelt sich dabei um einen schweren, trägen Hund mit
großem Kopf, der sich hervorragend zur Bullen- und Wildschweinjagd eignete, da „das Sichverbeißen
bei ihm Naturveranlagung ist".
Später verwendeten die Fleischer die Alaunts beim Bändigen wildgewordener Stiere, die mit Hilfe der Hunde in
die Stallungen getrieben werden konnten: Die Bezeichnung dieser Hunderasse als „Bulldog“ wird zum ersten
Mal im Jahre 1630 urkundlich, wobei auch hier wieder deutlich zwischen Bulldog und Mastiff unterschieden
wird. In alten Quellen trifft man häufig auf den Begriff „Bandog“, der sich auf große Wachhunde bezieht, die
angekettet (engl. to ban = verbieten, verbannen) waren. Es ist anzunehmen, dass die Bezeichnung „Bulldog“ in
ähnlicher Weise entstand, nämlich aus der Hauptfunktion des Hundes, den Bullen anzugreifen. Die Eignung
des Bulldogs für
Tierhetzen, besonders für den
Bullenkampf,
wurde schon sehr früh erkannt und
daraufhin
züchterisch gefördert. Bullenbeißen
(engl. „bull-
baiting“) ist ein alter „Sport“, der
besonders viele
Anhänger aus den besseren Ständen
besaß.
Nachdem die Auerochsen in England
ausgerottet
waren,
fand der Adel großen
Gefallen daran,
die Hunde gegen
eigens dafür
gezüchtete und
wütend
gemachte Stiere zu
hetzen. Die
erste überlieferte
Erwähnung des
Bullenkampfes
stammt aus der
Regierungszeit
des englischen
Königs Johann
„ohne Land"
(1199 - 1216 n.
Chr.). Dabei soll die Entstehung des
ersten
Stierkampfes in einer eher zufälligen
Beobachtung
gelegen haben. Auf der Wiese eines
englischen
Dorfes kämpften zwei Bullen um eine
Kuh, als sich
plötzlich eine Gruppe von
Metzgerhunden auf einen der Stiere
stürzte und
diesen durch die ganze Stadt jagte. Dem
Gutsherren, der den
Vorfall beobachtet hatte, gefiel dieses
Schauspiel so gut, dass er die
Wiese, nachdem das erste Gras von den
Herden abgegrast wurde, den Metzgern
zur freien Verfügung stellte. Er machte zur
Bedingung, dass die Fleischer der Stadt jedes Jahr
sechs Wochen vor Weihnachten einen Bullen bereitstellten, damit dieser "Sport“ wiederholt werden konnte.
Ursprünglich packten die meisten Hunde beim bull-baiting den Bullen am Ohr. Es zeigte sich jedoch bald, dass
die kleineren Bulldogs viel beweglicher waren, was den Kampf weitaus spannender machte. Die Hunde waren
für den Angriff auf den Kopf, insbesondere auf die Nase, gezüchtet. Dies hatte zum Vorteil, dass einerseits das
wertvolle Fleisch und die Haut des Bullen geschont wurden, andererseits konnte er den von vorne
angreifenden Hund schlechter auf die Hörner nehmen. Der Angriff auf die Nase und das anschließende
bedingungslose Festhalten, was als "pinning and holding" bezeichnet wurde, war für den Bullen äußerst
schmerzhaft. Er versuchte daher, den Kopf möglichst tief zu senken, um dem Angreifer die Hörner zu
präsentieren. Kampferfahrene Stiere ("game bulls") scharrten mit den Vorderhufen Löcher in die Erde, um die
Nase vor dem Hühnerbiss zu schützen. Der damals noch höher läufige Bulldog musste nun in möglichst tief
geduckter Haltung in Richtung des Stierkopfes vorkriechen und den eigenen Kopf dicht am Boden halten, was
man als "to play law“ bezeichnete. Nur so konnte er den Hörnern eine geringe Angriffsfläche bieten. Im Laufe
der Zeit wurden die speziell für diese Kampftechnik gezüchteten englischen Bulldogs daher sehr tiefgestellt,
breit und muskulös mit einem ausgeprägten Vorbiss, der ihnen trotz des festen Verbeißens das Weiteratmen
ermöglichte.
“Kurze Nase, großer und massiger Kopf mit breitem Fang”
HUGH DALZIEL (1889) beschreibt die so entstandene Hunderasse wie folgt:
"Die Charaktereigenschaften des Bulldogs waren immer und sind heute noch die gleichen, die eines Hundes,
der mit dem Kopf kämpft. Kurze Nase, großer und massiger Kopf mit breitem Fang. Der breite Fang ist das
Allerwichtigste, die Grundvoraussetzung für seine Aufgabe. Je größer der Kopfumfang, verursacht durch die
starke Backen-muskulatur, desto mehr Muskelkraft presst die Kiefer zusammen. Je kürzer der Fang, um so
kräftiger der Griff. Je breiter und flacher der Fang vorne, desto breiter und größer die Angriffsfläche für den
Biss. Der Unterkiefer greift vor den Oberkiefer, dies ermöglicht dem Hund im Angriff von vorn den Bullen an der
Nase zu fassen, gibt ihm, wenn er einmal zugepackt hat, den festen Halt. Die Flügel der Nase
fliehen zurück, dadurch kann die Luft frei zur Nase Durchströmen, auch wenn sich der Hund fest verbissen hat.
Es ist offensichtlich, dass, wenn der Unterkiefer nicht bis vor die Nase geschoben wäre, Nase und Kiefer auf
einer Ebene lägen, die Nase völlig flach gedrückt würde von dem Körperteil, in den sich der Hund gerade
verbissen hat.
Dies würde das Atmen schwer beeinträchtigen. In einem solchen Fall wäre der Hund wirklich kein echter
Bulldog, der allen seinen Aufgaben gewachsen ist. Der Körper des Bulldogs ist wie der eines richtigen
Mannes, breite und tiefe Brust, gut zwischen den Schultern gelagert, in der Taille schmal. Auf Grund der Tiefe
der Brust und der starken, muskelbepackten Schultern wirken die Vorderläufe kurz und kräftig, -langrückige
Hunde sind schwächlich, langsam, schwerfällig, ermüden leicht und sind in der Bewegung lose, schwankend
und unkontrolliert. Die Hinterläufe sind stark und muskulös, bringen eine Fülle von nach vorne stoßender Kraft.
Sie sind ähnlich lang - im Verhältnis gesehen - wie beim Greyhound. Dadurch wölbt sich die Lende
bogenförmig nach oben, höher als die Schulter. Hierdurch kann der
Bulldog plötzlich seinen Körper
hoch in die Luft schnellen. ... Der Leib muss im Verhältnis klein,
unter der Lende
hochgezogen sein. Er ist in den Flanken hohl, um so weit als
möglich nutzloses Gewicht einzusparen.“
Schnauze sehr breit, plump und aufwärts
gerichtet, der Körper kurz und wohlgeformt,
die Gliedmaßen stämmig und muskulös
Auch STREBEL (1903) stellt den Bulldog als einen
glatthaarigen, untersetzten Hund von etwas niedriger, aber
breiter, mächtiger und gedrungener Figur vor. Der Kopf sei
auffallend schwer und im Verhältnis zur Größe des Hundes
zu groß, dass Gesicht dagegen außerordentlich kurz, die
Schnauze sehr breit, plump und aufwärts gerichtet, der
Körper kurz und wohlgeformt, die Gliedmaßen stämmig und
muskulös, die Hinterhand sehr hoch und kräftig, im
Vergleich mit dem schwereren Vorderkörper jedoch
gewissermaßen leicht erscheinend. Die
Gesamterscheinung des Hundes soll den Eindruck von
Entschlossenheit, Kraft und Beweglichkeit hervorrufen.
FITZINGER (1876) vermutet, dass es sich beim Bulldog um
einen Verwandten der Hunderassen handelte, die bereits
von den Römern in den Arenen zu Tierhetzen verwendet
wurden und die später, Anfang des sechzehnten
Jahrhunderts, von den Spaniern bei der Besitzergreifung
der Großen Antillen zur Bezwingung der Indianer zum
Einsatz kam. Er schreibt weiterhin: „Auch heut zu Tage
noch wird dieser Hund in Spanien und einigen Städten von
Süd Amerika bei den daselbst üblichen Stierkämpfen als
Hetzhund verwendet.“
Der Bullenkampf hatte im England des siebzehnten
Jahrhunderts, in der Regierungszeit von Karl II. (1660 - 1685)
und Jakob II. (1685 – 1688), wohl seine große Blütezeit; die
Familien strömten an den traditionellen Donnerstagen oder
Sonntagen zum Bullenanger, um sich an den Kämpfen zu
erfreuen und Wetten abzuschließen. Es gab in fast jeder
größeren Stadt einen eigenen Bullenring, da ein damals
bestehendes Gesetz das Hetzen des Bullen vor dem
Schlachten durch Hunde forderte, damit so sein Fleisch zarter
werde Auf
diesen Umstand geht vermutlich auch das alte englische
Sprichwort: "Mein
Gewissen ist so zart wie das Steak eines von Hunden gehetzten Bullen" zurück. Weiterhin wird überliefert,
dass Metzger immer
wieder angeklagt und bestraft worden sein sollen, weil sie Bullen geschlachtet hatten, die nicht zuvor auf dem
Bullenanger von Hunden gehetzt worden waren. Die Regeln für den Bullenkampf waren streng. Sie dienten
nicht dem "Schutz" der Tiere, die zum Einsatz kamen, sondern ordneten das Wettgeschäft und die damit
verbundenen hohen Einnahmen. Der Kampf, bei dem einen in der Arena frei umherlaufenden Bullen von den
Hunden an den Nüstern gepackt („pinning“) und umgeworfen werden musste, war eher selten. Weitaus
häufiger wurde dem Bullen entweder ein langes Seil um die Hörner geschlungen, oder ein dickes
Lederhalsband mit einer starken Kette um den Hals gelegt. Das Ende des Seils bzw. der Kette wurde mit
einem schweren eisernen Ring verbunden, der an einem tief in den Boden getriebenen Pfahl befestigt war. Je
nach Kommando trat nun entweder nur ein Hund gegen den Bullen an oder man ließ zwei oder drei Bulldogs
auf ihn los. Der also meist angepflockte Stier versuchte seinerseits, den angreifenden Hund abzuwehren.
Nur der Hund, der "game" (= entschlossen, furchtlos) genug war bis zum Tode
zu kämpfen, galt als echter Bulldog.
Gelang es ihm, seine Hörner, auch wenn sie zum Schutz der Hunde meist abgestumpft wurden, unter den
Körper des Angreifers zu schieben und ihn in die Luft zu schleudern, so endete der Aufprall oft für viele der
Hunde tödlich. Daher stellten manche Hundebesitzer lange Bambusstangen auf, an denen die Hunde herunter
gleiten sollten. Andere stellten sich den stürzenden Hunden in den Weg, um deren Fall mit Lederschilden oder
dem eigenen Rücken zu bremsen. Häufig wurde auch Sand im Bullenring verteilt, um die Landung der
teilweise bis zu fünfzehn Meter durch die Luft geschleuderten Hunde zu dämpfen. Die Bulldogs mussten dann,
selbst wenn sie schwer gestürzt waren, den Bullen sofort wieder an der Nase packen. Einmal gepackt, hielten
sie sich mit einer derartigen Hartnäckigkeit an fest, dass ihre Eigentümer gezwungen waren, mit Eisenstangen
den Fang aufzuhebeln,
um den Hund frei zubekommen. Nicht selten rissen oder schnitten die
Hundebesitzer dabei kurzerhand ein Stück aus der Bullennase heraus.
Zahlreichen Berichten zufolge soll es unter diesen ersten Bulldogs
auch Hunde gegeben haben, die selbst mit gebrochenen Läufen oder
von den Hörnern aufgerissenen Bäuchen den Stier wieder angriffen.
Nur der Hund, der "game" (= entschlossen, furchtlos) genug war bis
zum Tode zu kämpfen, galt als echter Bulldog. Verbiss sich einer
der Hunde an einer anderen Stelle, so wurde er als unrein, nicht
der Rasse zugehörig, angesehen und von weiteren Kämpfen
ausgeschlossen, was einem Todesurteil gleichkam. Im
Anschluss an den Kampf konnte der gehetzte Bulle
vom Metzger geschlachtet werden. Die
Hundezüchter nutzten diese Gelegenheit
und ließen ihre Welpen sich im blutigen
Stierschädel verbeißen, um sie auf ihre
späteren Kämpfe vorzubereiten.
Bald
begannen findige Geschäftsleute mit der Zucht
von Kampfstieren,
die nach einem siegreichen Kampf nicht
umgehend
geschlachtet wurden, sondern vielmehr mit
ihren Besitzern
durchs ganze Land zogen, um Geld zu
verdienen. Einer
der berühmtesten Kampfstiere seinerzeit war „Bill
Gibbin`s Bull“,
der mit der in vielen Kämpfen gewonnenen
Erfahrung
nahezu unbesiegbar wurde. Die Wetten auf die
Stiere gingen
dahin, ob sie überhaupt vom Hund gefasst werden
konnten oder
ihrem Gegner durch das Hochschleudern in die Luft
die Rippen
brachen. Die Hundebesitzer zahlten Geld dafür, ihre
Bulldogs gegen den Stier
zu hetzen, und der Hund, dem es gelang den Stier zu
„pinnen“ (= an der Nase zu packen),
gewann einen hohen Preis. Im Laufe des siebzehnten
und achtzehnten Jahrhunderts entartete das
bull-baiting mehr und mehr. Und auch die Aussicht in der
Pit Geld zu gewinnen, trieb die Menschen zu immer wahnwitzigeren „sportlichen“ Extravaganzen. So soll sich
im Jahr 1892 (!) ein Engländer im East End in einen Kampf mit einem Hund gestellt haben, der ihm das halbe
rechte Ohr abbiss und ihn zu Boden streckte. Die Grausamkeiten gegenüber Bullen und Hunden nahmen
stetig zu. Den Bullen wurden die Vorderfüße abgehackt, um zu sehen, wie sie auf ihren blutigen Stümpfen sich
gegen die Hunde verteidigten. Brachen sie zusammen, goss man ihnen siedendes Öl in die Ohren, um sie
erneut aufzutreiben. Man rieb Salz in ihre Wunden, Pfeffer in die Nüstern und zündete unter ihnen Feuer an,
um sie wieder auf die Beine/ bzw. Stümpfe zu zwingen. Hundebesitzer verstümmelten ihre Hunde, um zu
beweisen, dass sie echte Bulldoggen waren, und um den Nachwuchs so besser verkaufen zu können. Bereits
im Jahr 1802 wurden aber schon ernsthafte Versuche unternommen, den Bullenkampf zu verbieten. Einer der
Abgeordneten hielt als Befürworter des neuen Gesetzes im englischen Unterhaus folgende Rede :
„Welch ein moralisches Leitbild gibt eigentlich der Farmer seiner Frau und seinen Kindern ? Er verkauft seinen
Bullen, damit er von den Hunden zu Tode gehetzt wird. Sie müssen es mit ansehen, wie dieses arme,
harmlose Tier von den Hunden angefallen wird, wie ihm die blutende Zunge von den Bestien aus dem Maul
herausgerissen wird. Es ist dasselbe Tier, das jahrelang gehegt, gepflegt und geliebt wurde. - Aber die
Grausamkeit gegenüber dem Bullen ist nicht die einzige, die bei diesen Kämpfen zu beklagen ist. Welches
Vorbild gibt beispielsweise der Farmer seinen Kindern, der seine alte Bull-Hündin, viele Jahre der treue
Wächter von Haus und Hof, zusammen mit ihren Welpen in den Bullenring schleppt, um die Kühnheit
seiner Zuchtprodukte unter Beweis zu stellen? Er bringt die Hündin in die Arena und hetzt sie gegen den
wutschnaubenden Bullen. Sie packt den Bullen bei der Nase und zwingt ihn zu Boden. Aber was ist der Lohn
des Herren für sein Lieblingstier inmitten des Jubelschreies der Massen? Er ruft nach seiner Heckenschere
und - um die Schärfe seiner Hunde zu beweisen - zerstückelt er die Hündin mit der Schere, ohne das diese
dabei vom Bullen ablässt! - Anschließend verkauft der Farmer den Nachwuchs der Hündin für fünf Guineas
das Stück!“.
Das Aussehen des Bulldogs erregte auf Ausstellungen immer mehr Interesse
und brachte ihm die Beschreibung „vor Hässlichkeit schön“
Der Gesetzesentwurf wurde von der Mehrheit der Abgeordneten abgelehnt! Als 1832 im Black County, dem
englischen Kohle- und Stahlzentrum, eine Choleraepidemie ausbrach und ganze Dörfer ausrottete, wandelte
sich die Meinung der Öffentlichkeit, die in dem Seuchenzug ein Urteil Gottes sah. Nun zeigte die Regierung
erstmals soziale Verantwortung. Im Zuge des bereits 1830
verabschiedeten
Reformgesetzes wurden beispielsweise die Sklaverei in den
Kolonien abgeschafft, steuerzahlende Hausbesitzer
erhielten das Wahlrecht und Frauen und Kinder wurden
gesetzlich vor den härtesten Arbeitsbedingungen in den
Fabriken geschützt. Im Jahr 1835 wurden durch
parlamentarischen Beschluss alle Arten von Tierkämpfen
verboten - und der Bulldog hatte seine ursprüngliche
Aufgabe im Kampf gegen den Bullen verloren.
In den darauffolgenden Zeit, um das Jahr 1860, begann
sich der englische Bulldog als Ausstellungshund zu
etablieren. Nun trat die körperliche Erscheinung des
Hundes, die zunächst infolge der Gebrauchsauslese nur
von zweitrangiger Bedeutung war, in den Vordergrund.
SHAW schreibt bereits 1891 von einem unübersehbaren
Verfall dieser alten Hunderasse, die allein für „Mordzwecke“ gezüchtet wurde
und nach „Aufhebung dieser Vergnügung“ sehr gelitten habe. Es gäbe bei der Zucht eine maßlose
Übertreibung zu extremen Kopfformen. Dies gehe völlig zu Lasten der richtigen Symmetrie der Hunde.
Senkrücken, krumme Laufknochen und untypischer, rollender Bewegungsablauf werden beklagt. Der Hund
entferne sich von seiner früheren Stellung als König unter den Hunderassen immer mehr und sei zu einem Tier
geworden, das in einem Badeort zum Training muss, um vier Meilen in der Stunde zurücklegen zu können. In
der Tat unterlag die Rasse seit dem Verbot der Tierkämpfe einem drastischen Wandel. Das gefährliche,
drohende Aussehen des Bulldogs erregte auf Ausstellungen immer mehr Interesse und brachte ihm die
Beschreibung „vor Hässlichkeit schön“. Die weit auseinanderstehenden Schultern, der möglichst breite
Brustkorb und der radförmig aufgewölbte Rücken verursachen den „rassetypisch“ rollenden Gang, der überall
sofort
erkennbar ist. Auch MORGAN (1909) schreibt über den Bulldog, dass dieser seinem Aussehen nach recht
hässlich wäre und mit seiner zurückstehenden Nase, der plumpen Schnauze und den manchmal sichtbaren
Vorderzähnen einen unstreitig abstoßenden Anblick gäbe. Er weist daraufhin, dass sich der Bulldog sehr gut
zum Polizeidienste eignen würde. Diese Aussage ist vielleicht gerechtfertigt, da sich der ehemalige
Bullenbeißer im Laufe der Zeit zu einem ausgewogeneren Gemüt entwickelt haben soll.
"Der Grundzug des Bulldogcharakters ist Gutmütigkeit, ein gewisses Phlegma, beides aber nur solange, als
sich nichts ereignet oder ihnen begegnet, was ihre schlummernden Leidenschaften auslöst. Es liegt hierin ein
scheinbarer Widerspruch, man kann es aber nicht anders bezeichnen, als dass Phlegma und Leidenschaft
unvermittelt nebeneinander ruhen. In dem Ausbruch ihrer Leidenschaft liegt eine ungeheure Beharrlichkeit,
ebenso in dem ihres Willens. Man hat oft dies Unvermittelte für Jähzorn gehalten, ich möchte dies mehr als
eine äußerst heftig einsetzende
Willensbetätigung
bezeichnen, wozu sich
ein unentwegtes
Festhalten an
einem einmal
gefassten
Entschluss gesellt“
(STREBEL, 1903).
Der Autor nennt als
deutliches Beispiel hierfür
die große Abneigung seiner
eigenen Bulldoghündin gegen
alles Schwarze. Sie griff
plötzlich und unvermittelt
Hunde, andere Tiere und
Gegenstände jeder Art
und Größe an, was sogar
soweit ging, dass sie sich
eines Tages auf eine
laufende Lokomotive
stürzte und sich in die
Speichen eines
feststehendes Rades
verbiss.
(Andrea Steinfeld)